Veronika Krascheninnikowa
Veronika Jurjewna Krascheninnikowa — stellvertretende Vorsitzende der Expertenkommission für gesellschaftliche Diplomatie und Werte, Mitglied der Gesellschaftlichen Kammer der Russischen Föderation seit 2012, Politologin, Historikerin. Veronika Krascheninnikowa ist auch Beraterin der Internationalen Informationsagentur "Russland heute", Mitglied des Obersten Rates der Partei "Einiges Russland" und Koordinatorin der Arbeitsgruppe der Partei für Realisierung der Außenpolitik. Generaldirektorin des von ihr 2011 gegründeten Instituts für Außenpolitische Studien und Initiativen. 2016−2018 — Moderatorin des Programms "Prognosy" im Fernsehsender "Swjesda" des Verteidigungsministeriums der RF. 2005−2010 — Leiterin des Rates für Handels- und Wirtschaftskooperation USA-GUS in New York, 2008−2010 war sie auch Vertreterin der Stiftung "Russkij mir" in den USA tätig. Veronika Krascheninnikowa ist Herausgeberin und Redakteurin von Büchern zu wichtigen historischen Ereignissen und Prozessen, Autorin zahlreicher Expertenmaterialien, Dr. historischer Wissenschaften (2007). Thema der Dissertation: "Russisch-amerikanischer Dialog als Problem der politischen Kultur".
Den Großen Sieg verteidigen: Es ist an uns, Angriffe von Hass-Ideologien abzuwehren
In der sowjetischen Zeit sind wir alle mit Liedern, Büchern und Filmen über den Großen Vaterländischen Krieg aufgewachsen und durch sie geprägt worden. "Die Kraniche ziehen", "Im Morgengrauen ist es noch still", "Offiziere", "Nur die Alten ziehen in die Schacht" — diese und andere Filme, Filmklassiker über den Krieg für alle Zeiten, erzählen die Geschichte des Krieges am Beispiel der Schicksale einfacher Menschen, die ihre Heimat verteidigten und zu Helden wurden, ohne jemals solche Ambitionen gehabt zu haben.
Es ist unsere Kultur, es ist unsere DNA. Daraus sind wir gemacht. Es ist das Fundament, auf dem alles andere aufbaut. Der historische Code lässt sich weder "umschreiben" noch "reloaden"
Das Heldentum der sowjetischen Völker, die gigantischen menschlichen Leistungen, mitunter über das Menschenmögliche hinausgehend, und die überragende Rolle der Sowjetunion beim Sieg über den Nazismus sind für uns eine Axiome. Wir sind überzeugt, dass jeder vernünftige Mensch auch mit wenigen Geschichtskenntnissen das nicht bestreiten kann. Lehren wie diese bedürfen keiner neuen Beweise.

Der Marsch des "Unsterblichen Regiments" ist ein einzigartiges Ereignis des Zusammenschlusses von Generationen, wenn die heutigen Russländer*innen in einer Reihe gehen, mit ihren heroischen Vorfahren, die den deutschen Faschismus zerschlagen haben. Wenn man in diesen endlosen Kolonnen mitmarschiert, kommen einem immer wieder die Tränen. Angesichts der Kenntnis der Dimension von Taten und der Opfern — hier sind sie neben uns auf Fotos, von Millionen Soldaten an der Front und Werktätigen des Hinterlandes. Tränen auch des Stolzes, dass du zu diesem großen Sowjetvolk gehörst. Auch im Bewusstsein, dass Dutzende Millionen heutiger Russländer*innen auf diese Geschichte stolz sind.

Das nazistische Dritte Reich ist vor 75 Jahren zerschlagen worden. Aber die Ideologie des Faschismus als Instrument reaktionärster chauvinistischer Kreise des Finanzkapitals ist nicht vollständig verschwunden. Wir wissen aus Theorie und geschichtlicher Erfahrung sehr gut, dass sich gesellschaftliche Widersprüche in Zeiten der Wirtschaftskrise verschärfen und der Kapitalismus nach Rechtsaußen entwickelt. Deshalb ist der Kampf gegen diese Ideologie, die immer neue Formen und Gestalten annimmt, ein immerwährender Prozess, der heute in Europa genauso aktuell ist, wie in den 30-er Jahren.

"Was ist die Quelle des Masseneinflusses des Faschismus? Der Faschismus schafft es, die Massen zu gewinnen weil er in demagogischer Weise deren brennendste Nöte und Bedürfnisse anspricht. Der Faschismus entfacht nicht nur die in den Massen tief verwurzelten Vorurteile, er spielt auch mit den besten Gefühlen der Massen, mit ihrem Gerechtigkeitsgefühl und manchmal auch mit ihren revolutionären Traditionen".
Wenn statt "Demagogie" das Wort "Populismus" stehen würde, würden Sie sagen, dieser Satz sei heute gesprochen worden. Aber nein. Vorgetragen hat ihn Georgi Dimitroff auf dem 7. Weltkongress der Komintern 1935
Und weiter: "Auch die Massen des Kleinbürgertums, selbst ein Teil der Arbeiter, durch Not, Arbeitslosigkeit und Existenzunsicherheit zur Verzweiflung gebracht, werden Opfer der sozialen und chauvinistischen Demagogie des Faschismus".

Der Vortrag von Dimitroff klingt heute derart aktuell, dass einem unheimlich wird. Wir beobachten ähnliche Prozesse in den meisten Ländern Europas in den letzten Jahren, von Schweden im Norden mit ihren Sverigedemokraterna bis Spanien mit Vox und Chrysi Avgi in Griechenland im Süden. Es besteht kein Zweifel, dass die der Coronavirus-Pandemie folgende Wirtschaftskrise die Widersprüche zwischen Staaten und innerhalb von Staaten verschärfen wird.

Doch die wichtigsten Rechtsradikalen sind heute, anders als in den 1930-er Jahren, nicht in Deutschland, sondern in den Vereinigten Staaten — es sind die ultrakonservativen Kreise und ihr Interessenvertreter Donald Trump. Und der Globalismus, den die "Konservativen" heute so heftig kritisieren, hat es ihnen ermöglicht, große internationale Netzwerke zu entwickeln und ihre Aktionen zu koordinieren. Fragen Sie Steve Bannon, den Ideologen gegenwärtiger amerikanischer Ultrarechter, der den Sieg von Trump bei den Wahlen 2016 gesichert hat.

Es stimmt, der Faschismus hat im 21. Jahrhundert neue Formen, neue Begriffe und Aktionsrichtungen angenommen. Nur in der Ukraine und im Baltikum tragen die Radikalen dieselben Fahnen von Bandera und Schuchewitsch, verkleiden sich in Uniformen ihrer SS-Legionen und marschieren mit Hakenkreuz und Fackeln. Doch die große Mehrheit heutiger Extremisten sind keine Skinheads mehr, sie ließen sich die Haare wachsen, tragen schicke Anzüge, haben Dutzende "patriotischer" Organisationen gegründet und sind Teil der Macht geworden.

Die modernen Rassisten sprechen vom "Überleben der westlichen Kultur", über die Notwendigkeit der "Aufrechterhaltung der weißen Identität und dem Schutz der Rechte der Weißen", die "bedroht" werden. Zweifellos: sie sind für ihr "Überleben" bereit, zu töten, was immer wieder in den USA passiert — Charlottesville, Pittsburgh, El Paso und Christchurch in Neuseeland. Die gegenwärtigen Antisemiten bezeichnen Juden "politisch korrekt" als "Rothschilds", "Globalisten", "Bankenkapital" - als Gegenstück zum "richtigen" Industriekapital. Sie kämpfen sogar für "Demokratie" - für "direkte Demokratie", die es ihnen ermöglichen würde, Verfassungshürden zu umgehen, sie treten für "Redefreiheit" ein, denn ihre extremistischen Parolen sind gesetzlich verboten.
Primo Levi, ehemaliger Ausschwitz-Häftling, warnte vor einem "neuen Faschismus, … der auf Zehenspitzen kommt und sich andere Namen gibt"
Wir in Russland sollten auch wachsam sein. Unser Verständnis von Nazismus und Faschismus ist historisch an das "Dritte Reich" Hitlers, die Regime von Mussolini und Franco gebunden. Dagegen ist das erneuerte moderne "Erscheinungsbild" des europäischen Nachkriegsfaschismus in Russland wenig bekannt. Deshalb sind die Versuche moderner westlicher "neuer Faschisten" sich als "Freunde" Russlands auszugeben — die raffinierteste Beleidigung, die man der Geschichte und dem nationalen Bewusstsein der Russländer zufügen kann.

Wer sind aber unsere wirklichen Freunde? In Europa aber auch weltweit ist die große Mehrheit der Menschen Russland gegenüber positiv eingestellt.

1935 riefen Georgi Dimitroff und der Komintern-Kongress zur Bildung von "Volksfronten" auf — von Koalitionen politischer Kräfte der Mitte und des linken Flügels sowie aller, die am Kampf gegen Faschismus und Krieg interessiert sind. Das war eine Organisationsform breiter Volksmassen.

Wer könnte heute eine solche Koalition bilden?

All jene, die den Sieg über den Faschismus am 8. und 9. Mai feiern, sind mit uns dabei.

All jene, die gegen Militarisierung sind, die Verständigung und Ausgleich für den Frieden in Europa und auf allen anderen Kontinenten anstreben, sind mit uns dabei.

All jene, die nach Systemlösungen fundamentaler Probleme wie soziale Ungerechtigkeit, Verarmung, wachsende Kluft zwischen Reich und Arm suchen, welche zum Anwachsen ultrarechter Stimmungen führen, — sie sind mit uns dabei.

Wir feiern den Tag des Sieges und gedenken der Gefallenen, wir danken ihnen für ihr großes Opfer, dem wir verpflichtet sind. Das jedoch ist nicht genug. Wir müssen unsere Völker und die ganze Menschheit vor der Wiedergeburt der Ideologie des Hasses und der Gewalt schützen, in welcher Gestalt sie auch immer auftritt.
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