Fernando Lugo Méndez
Fernando Lugo Méndez, Präsident der Republik Paraguay im Zeitraum 2008−2012. Seine Präsidentschaft endete vorzeitig durch eine von den USA unterstützte, umstrittene Amtsenthebung, die von lateinamerikanischen und europäischen Regierungen als Zusammenbruch der demokratischen Ordnung beschrieben wurde. Fernando Lugo, der als "Bischof der Armen" bekannt war, diente von 1994 bis 2005 als Bischof. 2005 legte er sein Priesteramt nieder, um in die Politik einzutreten. Sein Triumph als Präsidentschaftskandidat beendete einen langen Zyklus von 61 Jahren der Hegemonie der Colorado-Partei Paraguays, einschließlich der 35 Jahre der faschistischen Diktatur von Alfredo Stroessner. Im Jahr 2008 erhielt Lugo von Papst Benedikt XVI. eine päpstliche Dispens zur Ausübung der Präsidentschaft Paraguays. Er ist Präsident pro tempore der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) 2011−2012, Mitglied der Puebla-Gruppe und seit Juni 2013 Senator im paraguayischen Senat.
Der Einfluss des Nazismus und Faschismus auf Paraguay
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Thema des Nazismus und Faschismus in Paraguay anzugehen. Eine davon umfasst das Studium dieser beiden Ideologien im globalen Kontext dieser Epoche, d.h. von ihren Anfängen bis zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, und dann in der nächsten Periode unmittelbar nach dem Ende dieses blutigen Krieges.

Am 09. Mai 1945 kapitulierte Nazideutschland. Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel unterzeichnete im Beisein des Marschalls der Sowjetunion Georgi Schukow und anderer Kommandeure der alliierten Streitkräfte den Akt der bedingungslosen Kapitulation.
Aber mit der Niederlage Deutschlands hört der Nazismus nicht auf zu existieren, genauso wenig wie der Faschismus mit dem Tod von Mussolini im Jahre 1945 verschwand
Die Geschichte des repressiven Polizeistaates und derjenigen Partei, die das Gewaltmonopol in solch einem Staat innehatte, endete nicht 1945. Ebenso wenig das Prinzip der personalistischen Macht. Die nationalsozialistisch-faschistischen Erfahrungen sind nicht vollständig aus Paraguay verbannt worden. Seine verschiedenen politischen Erscheinungsformen sind auch heute noch in verschiedenen Ausmaßen präsent.
Instabilität in der Welt nach dem Ersten Weltkrieg
Die Präsenz nationalsozialistischer und faschistischer Ideologien und ihr Aufstieg in Paraguay müssen im weltweiten Kontext einer tiefen Krise des Kapitalismus und der Instabilität der internationalen Ordnung, die der Erste Weltkrieg hinterließ, betrachtet werden. Diese Situation der Krise und Instabilität war gekennzeichnet durch erbitterte Auseinandersetzungen zwischen Frankreich, dem Vereinigten Königreich, Deutschland und später den Vereinigten Staaten über die Hegemonie und die Ausrichtung der damaligen internationalen Beziehungen. Frankreich und das Vereinigte Königreich verteidigten ihre kolonialen Besitztümer vor den ständig wachsenden deutschen Begehrlichkeiten.

Es ist bedeutsam zu erwähnen, dass auf der internationalen Bühne, die sich zu dieser Zeit veränderte, in Russland eine der weitreichendsten historischen Transformationen stattfand. Die russische sozialistische Revolution von 1917 bedeutete eine qualitative Veränderung des Kräfteverhältnisses in der Welt sowie den Zusammenbruch des Konsenses zwischen den führenden Mächten hinsichtlich des zutiefst rassistischen und imperialistischen Charakters der Weltordnung jener Tage.

Ausgehend von diesem Zusammenbruch des westlichen "zivilisierten" Modells begann man im Westen eine Kampagne der Russophobie zu forcieren, die in den Bevölkerungen eine antirussische Stimmung förderte und dadurch die Möglichkeit eröffnete, Russland in der Peripherie Europas zu halten, wie es bereits mehrmals über längere Zeitperioden in der Geschichte geschah. Die antirussischen Themen nahmen dabei im Westen fast paranoide Züge an. Bis heute hält diese damals geschürte antirussische Stimmung an. Paradoxerweise war es genau dieses "zivilisierte" Europa, welches jahrhundertelang ganze Völker seiner Herrschaft unterwarf und sie aufs barbarischste ausplünderte.
Im Westen wurde die Geschichte des Zweiten Weltkriegs mit diesem russophoben Bestandteil und unter dem Deckmantel eines antikommunistischen Kampfes geschrieben. In dieser Version der Geschichte wurde die Rolle Sowjetrusslands, des Landes, das Faschismus und Nazismus besiegte und die Menschheit vor der Katastrophe rettete, beiseitegeschoben
Nazismus und Faschismus in Paraguay
Lateinamerika blieb nicht isoliert von jenen Prozessen in der Welt, die auf eine neue internationale Ordnung hinausliefen, die dann nach 1945 Gestalt annehmen sollte, obwohl diese Ereignisse zu einer Zeit stattfanden, in der die Region noch als "Hinterhof" der Vereinigten Staaten galt. Ungeachtet der strikten Kontrolle, die die USA auf die gesamte Region seit Beginn des 20. Jahrhunderts ausübten, fanden die Streitigkeiten um die Weltherrschaft auch in Lateinamerika ein Echo und führten zu einigen wichtigen Entwicklungen.

Zu Beginn der 1930er Jahre stürzte die Region in einen heftigen Konkurrenzkampf zwischen den damaligen Großmächten. Der Aufstieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei in Deutschland war die primäre Kraft, die bei mehreren Regierungen in der lateinamerikanischen Region Sympathien weckte. Der brudermörderische Chaco-Krieg zwischen Paraguay und Bolivien (1932−1935) ließ den hegemonialen oligarchischen, latifundistisch-liberalen Staat, der aus dem Völkermord (der Tripel-Allianz-Krieg) von 1864−1870 hervorging, in eine tiefe Krise fallen. Als Reaktion auf diese Staatskrise erschien der Nationalismus als eine alternative hegemoniale Gegenmacht. Im Jahr 1936 kam Oberst Rafael Franco an die Macht. Seine Koalitionsregierung bestand aus einer Reihe leidenschaftlicher Bewunderer des Faschismus wie Gómez Freire Estévez. Darüber hinaus konnte sich die Koalitionsregierung auf die starke Unterstützung der Kavallerieoffiziere stützen, die ausdrücklich Sympathie für den Faschismus bekannten und eine paramilitärische Miliz unterhielten, die Kommunisten verfolgte. Nachdem Sturz des Rafael-Franco-Regime übte diese Gruppe während des Regimes von Félix Paiva (1937−1939) großen Einfluss aus.
Obwohl die Präsenz des Nationalsozialismus nicht den gleichen Umfang erreichte wie in Mexiko oder Argentinien, entstand das erste im Ausland gegründet nationalsozialistische Netzwerk in Paraguay. Bei diesem Netzwerk handelte es sich um eine Propagandaorganisation, die zum Wohle des Dritten Reiches agierte
Es ist nicht so, dass die nationalen Behörden die Unterwanderung durch die Nazis ignorierten, sondern sie zeigten vielmehr eine offene Sympathie gegenüber Deutschland und den Achsenmächten, wie im Fall der Regierung von Higinio Morínigo (1940−1948). Erst unter dem Druck der Vereinigten Staaten und als klar wurde, dass die Niederlage Deutschlands unumkehrbar war, erklärte Paraguay im Februar 1945 nach langem Zögern Deutschland und den Achsenmächten den Krieg, was zu diesem Zeitpunkt nichts weiter als ein symbolischer Akt war. Auf diese Weise wurde Paraguay Teil der alliierten Streitkräfte. Natürlich war dieser Akt nur symbolisch, denn das Land trug in keiner Weise zur Niederlage der Achsenmächte bei.

Was den Einfluss des Konzeptes einer reinen "arischen" Rasse anbelangt, so gelangte die Idee noch vor der Gründung der NSDAP, bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts mit auswandernden deutschen Nationalisten und Antisemiten nach Paraguay. Bernhard Förster und seine Frau Elizabeth Nietzsche, die Schwester des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche, kamen 1887 nach Paraguay. Dieses Ehepaar wurde zu den Gründern der Stadt Nueva Germania (Neu-Germanien). Obwohl diese beiden Persönlichkeiten ihre gesellschaftspolitischen Ziele nicht erreichten, legten sie politische und ideologische Grundlagen für die Keimzelle der NS-Ideologie im Land.
In Bezug auf den Nationalsozialismus und Faschismus in Paraguay sind zwei wichtige Perioden zu erwähnen, die erste vor und während des Zweiten Weltkriegs und die zweite nach dem Krieg
Die erste Periode: Bereits 1928 schlug die NSDAP in Paraguay Wurzeln durch einen Zusammenschluss von NS-Parteimitgliedern in der Stadt Colonia Independencia. Ein Jahr später wurde diese Landesgruppe von der Leitung in Deutschland offiziell anerkannt. Sie war die erste ausländische politische Organisation, die als NS-Organisation anerkannt wurde. Die ersten Siedler der Colonia Independencia waren Militärs, die im Ersten Weltkrieg gekämpft hatten. Ebenfalls im Jahr 1928 etablierte der italienische Faschismus seine Präsenz in Paraguay mit der Gründung des ersten nationalen Zweigs des Partito Nazionale Fascista. Der italienische Faschismus hatte dabei jedoch nie die gleiche Macht und den gleichen Einfluss wie die lokalen NS-Strukturen.

1932 konsolidierte die NS-Landesgruppe ihre Aktivität in der Colonia Independencia und begann mit der Expansion im gesamten Departement Guiará. Eine weitere Stadt mit einer bemerkenswerten Nazi-Präsenz war San Bernardino, die erste deutsche Kolonie des Landes. Die Vorherrschaft der Nazis in San Bernardino war eine berüchtigte Realität, ebenso wie in der Stadt Altos, die nur wenige Kilometer entfernt liegt. Als Hitler 1933 in Deutschland an die Macht kam, brachten deutsche Einwanderer in Paraguay offen ihre Loyalität zum Ausdruck und begrüßten den Erfolg der NSDAP, indem sie Fahnen mit einem schwarzen Hakenkreuz hissten.
Die zweite Periode: Mit der deutschen Niederlage und der darauffolgenden bedingungslosen Kapitulation fanden mehrere berüchtigte Parteimitglieder der NSDAP und einige Nazis anderer Nationalitäten Zuflucht in Paraguay
Dieser Teil der Geschichte des Landes ist vielleicht der am wenigsten untersuchte und analysierte. Tatsächlich gehörte zu den bekanntesten Nazis, die nach Paraguay flohen, der SS-Mörder Josef Mengele, der in Auschwitz tödliche Experimente an Häftlingen durchführte. Ein weiterer Nazi, der in Paraguay Unterschlupf fand, war Hans Rudel, ein berühmter Pilot, der dem Führer selbst sehr nahestand. Da war auch Eduard Roschmann, genannt der Schlächter von Riga für seine Gräueltaten im Getto. Roschmann starb 1977 in der paraguayischen Hauptstadt Asunción. Diese Kriegsverbrecher erhielten während der Diktatur von Alfredo Stroessner 1954−1989 offiziellen und ausdrücklichen Schutz.

Obwohl nicht behauptet werden kann, dass Stroessners Diktatur offen nazistisch war, kann zweifellos bestätigt werden, dass während seiner Amtszeit durch die Operation Condor, wie in anderen regionalen Diktaturen in Brasilien, Argentinien, Uruguay, Chile und Bolivien, umfassende Verbrechen begangen wurden. Die Diktatoren dort zeigten ihr wahres Gesicht und ihr faschistisches Wesen, als sie Massenmorde an politischen, sozialen, ideologischen und kulturellen Dissidenten verübten.

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Heutzutage, da Nazismus und Faschismus, in der Form wie wir sie aus der Geschichte kennen, in der amerikanischen Region nicht mehr existieren, wehen wieder Winde mit stark neofaschistischem Charakter. Tatsächlich erweist sich diese neue Ideologie als fast dieselbe wie ihre Vorgängerin.
Das Aufkommen von rechten Regimen, die konservativ und oligarchisch sind und dabei vom nördlichen Imperium (USA) abhängen, untergräbt die Wurzeln einer echten partizipatorischen Demokratien in Lateinamerika und verwandelt sie in reine Scheindemokratien
Schließlich können wir nicht kategorisch feststellen, dass der Nazismus und Faschismus für immer ausgelöscht worden sind, insbesondere in Paraguay. Falsche Propheten werden weiterhin unter den Deckmantel der Demokratie erscheinen. Daher bleibt uns keine andere Wahl, als wachsam und aufmerksam zu bleiben.
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